Götz Alsmann
"Das, was einen in jungen Jahren zum Außenseiter macht, macht einen später interessant"

Vor dem Auftritt mit seiner fantastischen Götz Alsmann Band im Düsseldorfer Savoy Theater im Dezember 2003 sprachen wir über seine musikalischen Anfänge, den enormen Erfolg von "Zimmer frei?", seine Verachtung gegenüber dem Poserrock und seine Verehrung für die ärzte.  

Du machst stets keinen Hehl daraus, dass Du aus Münster kommst. Wie bist Du in Münster aufgewachsen?

Münster war früher eigentlich eine sehr konservative, katholische und traditionsgebundene Stadt - wobei letzteres nicht immer schlecht sein muss. Ich habe zuhause jedoch nicht viel davon mitbekommen, denn ich bin sehr freizügig und tolerant erzogen worden. Meine Eltern haben schon sehr früh meine Begabung zur Musik gefördert und haben mich dahingehend sehr unterstützt. Sie haben mir keine Steine in den Weg gelegt, was für mich ein sehr schöner Umstand war. Ich kann mich eigentlich nur an glückliche Tage erinnern.

Wie entwickelte sich die Liebe zur Musik?

Die kam durch zwei Pole. Zum einen durch mein Elternhaus, wo immer Musik gehört wurde. Es waren zwar keine Musiker aber Musik hatte bei uns einen hohen Stellenwert und Musiker waren sehr anerkannt. Darüber hinaus war ich im Kindergarten und dort hatten wir eine Ordensschwester, die immer Klavier spielte. Das hat mich fasziniert.

Einer der ersten musikalischen Gehversuche war dann das Mitwirken in Skiffle-Groups, wenn ich richtig informiert bin?

Ja, es war zwar nicht das erste, was ich musikalisch unternommen habe, jedoch das erste, was einen professionellen Anstrich hatte. Ich war in einer Band namens "Heupferd Jug Band". Das war im Prinzip eine Skiffle-Group bzw. eine Jug-Band. Eine Jug-Band ist eine anspruchsvollere Version einer Skiffle-Group und damit haben wir im Laufe der Jahre drei Platten gemacht und sind sehr viel auf Tournee gewesen.

Die musikalische Liebe war schon damals sicher der Rock'n'Roll der 50er Jahre oder Schlager ...

... ja genau, also eher altmodische Musik ...

... galt man mit dem Musikgeschmack eigentlich früher nicht als Außenseiter schlechthin?

Ja, klar. Man war schon der Außenseiter, doch irgendwann haben die Anderen dann auch gelernt damit zu leben. Man findet dann doch irgendwann mal auch Gleichgesinnte. Es ist jedoch sicherlich schwierig wenn man 14, 15, 16 ist und dann auf der gymnasialen Oberstufe wird's eigentlich immer leichter. Wenn man 17, 18, 19 ist, wird man viel leichter damit akzeptiert. Das was einen in jungen Jahren zum Außenseiter macht, macht einen später interessant. Das Traurige ist halt nur, dass man in den frühen Jahren der Pubertät leider nur die negativen Seiten dieses Außenseitertums erlebt (lacht).

Du hast auch Musikwissenschaft studiert und den Doktortitel erlangt. Welches Thema hatte Deine Doktorarbeit?

Es war eine Doktorarbeit über die amerikanische Schallplattenindustrie, weil ich noch nebenbei Publizistik studiert habe und so kam die Idee, so dachte man zumindest noch vor 20 Jahren, dass es irgendein Medienthema sein sollte. Damals war Medien ja auch noch ein neues, heißes Eisen. Es gab noch kein Privatfernsehen...

... der Bildschirm war noch schwarz-weiß ...

... wir wollen mal nicht übertreiben (lacht). Jedenfalls horchte man dann bei dem Schlagwort "Medienthema" sehr auf. Jedoch habe ich nicht als Musikwissenschaftler gearbeitet, sondern habe direkt nach meinem Abschluss beschlossen als Freiberufler und "in den Medien" zu arbeiten (lacht). Ich habe 1985 promoviert und habe nebenbei sowieso immer schon Musik gemacht und dann kamen auch erste Arbeiten beim Hörfunk und danach das Fernsehen. Für mich war halt klar, dass mein Schaffen sich zwischen Rundfunk, Fernsehen und Musik bewegen sollte und nichts anderes habe ich bis heute gemacht.

Was bedeutet Dir der Doktor-Titel? Bestehst Du z.B. auf der Nennung des Titels?

In der Regel nicht. Nur z.B. bei Diskussionen fände ich es blöd, wenn dort alle mit ihrem Titel erwähnt sind und ich der Einzige bin ohne. Entweder alle oder keiner (lacht). Der Titel findet im normalen Alltag aber nicht statt.

Ein besonderes Markenzeichen von Dir ist mit Sicherheit die Frisur. An wen ist sie angelehnt bzw. eine Reminiszenz?

Weniger an eine bestimmte Person, sondern mehr an eine gewisse Ära. Ich wollte damals nicht mit den Langhaarigen und Hippies in eine Kiste gesteckt werden. Ich fand die alten Filme mit Son Garfield oder Cat Calloway toll - so wollte ich aussehen. Ich hoffe das ist mir ganz gut gelungen.

Die Frisur hast Du also schon seit deiner Jugend?

Ja, ab dem 14. Lebensjahr - also mittlerweile schon seit 32 Jahren, wobei sie durchaus mal anders ausgesehen hat - mal mit längeren, mal mit kürzeren Haaren.

Die Liebe zur Rock'n'Roll Musik und zum Schlager - woher kam die?

Das würde ich zunächst gar nicht so eingrenzen. Ich habe viele dieser Lieder schon früh sehr gern gehabt. Aber ich habe erst später gemerkt, dass es die Tradition deutschsprachiger Swing- und Rock'n'Roll-Musik sehr schöne Lieder hervorbrachte, die man zwar kannte, jedoch nicht in diese Abteilung gepackt hätte und irgendwann ändert sich dann auch die persönliche musikalische Betrachtungsweise. Je nachdem, wie Du Punkrock definierst kannst Du bei die ärzte auch drei Viertel davon nicht unter Punkrock fassen und so ist es eben auch beim Schlager oder Jazz. Deshalb habe ich auch gedacht, wir müssen diese Begriffe neu definieren, nennen das jetzt Jazzschlager und was dazugehört bestimme ich selber (grinst).

Du hast auf Deinen ersten Platten vorwiegend Englisch gesungen. Wie kam dann der Wechsel zur deutschen Sprache zustande?

Das fiel ungefähr zusammen mit dem Aufwind von "Zimmer frei?". Wir spielten mit der Band dann auch in besseren Häusern vor immer größeren Publikum und irgendwann fand ich es nicht mehr vermittelbar den Menschen zu erklären, warum ich viele meiner Lieder in einer anderen Sprache singe, als in der Sprache, in der ich meine Witze auf der Bühne mache. Dazu kam, dass ich meinen Musikbereich irgendwie neu erfinden musste und dann habe ich beschlossen nie wieder in Clubs zu spielen und nie wieder Englisch zu singen und beides war auch die richtige Entscheidung.

Auf den neuen Alben der Götz Alsmann Band finden sich größtenteils Fremdkompositionen wieder. Wie wählst Du die Stücke aus, die ihr dann spielt?

Ich stelle eine Menge Stücke vor mit meinen Ideen für die Arrangements und dann gibt halt jeder seinen Kommentar dazu ab und wir reden über die Arrangements. Wir arbeiten aber eben schon ziemlich lange zusammen und merken halt schnell, ob das so hinhaut oder nicht. Manchmal dauert es auch so zwei Jahre bis ein Stück passt. Wenn du wartest, kommt das Stück zu dir (lacht). Ich wähle die Stücke aus nach Bedarf, z.B. für das aktuelle Programm eben Lieder über Orient usw. oder manchmal auch den Text, selbst wenn dieser belanglos erscheint. Die Aufgabe ist es dann auch das Stück interessant zu machen und bisher ist es eigentlich ganz gut gelungen, wie ich finde.

Die beiden letzten Platten "Tabu!" und "Filmreif!" sind ja Konzeptplatten. Bei "Filmreif!" war es der Filmsong, bei "Tabu!" ist es der Orient, Exotik usw., der thematisiert wird. Ist das eine alte Liebe zu Konzeptalben, der da Tribut gezollt wird?

Die Konzeptalben waren eigentlich eine Idee der Plattenfirma. Ich habe mich erst mit Skepsis, dann mit Begeisterung dem angeschlossen. Ich halte es durchaus für vernünftig mit einem Konzept an so eine Platte heranzugehen, wobei ich das in beiden Fällen auch nicht eisern durchhalte. Es geht ja mehr darum der Platte ein gewisses Flair zu geben und es auch für uns als Band abwechslungsreich zu gestalten. Wir spielen ja auf Tourneen meist immer die ganze Platte - da will man ja auch als Musiker nicht immer in eine Kerbe schlagen. Ich finde es z.B. auch großartig, wenn Künstler wie Udo Jürgens oder Reinhard Mey auf den Tourneen zu ihren aktuellen Alben zunächst die neuen Stücke spielen, bevor dann die altbekannten Songs kommen. Das beweist mir, dass sich diese Leute als Musiker sehr ernst nehmen.

Wenn Du vor die Wahl gestellt würdest, mit welchem Künstler Du zu Lebzeiten gern zusammen gespielt hättest, würdest Du Dich a) für Glenn Miller b) Elvis oder c) Miles Davis entscheiden?

Also Miles Davis würde gerne mit mir spielen, da bin ich schon mal ganz sicher. Glenn Miller wäre, glaube ich, der Interessanteste. Elvis hatte wohl mehr mit sich selbst zu tun. Aber Glenn Miller war ja, bevor er Orchesterchef wurde, ein hervorragender Posaunist und wenn ich mit ihm traditionellen Jazz hätte spielen können, wäre dies sicher ein sehr interessantes Erlebnis gewesen.

Du siehst Dich ja auch als ein Pendant zur Rockmusik...

... ja, aber ich habe dabei eine spezielle Art von Rockmusikern dabei im Sinn. Punkrock war ja auch mal als Pendant zu einer gewissen Art von Rockmusik gedacht ...

... wobei es dann letztlich auch nur eine Art war Rockmusik schneller zu spielen ...

So wie ich Punkrock am Anfang erlebt habe, war das Beatmusik. Die spielten so einen 63er Beat - so was wie die erste Kinks LP ...

... oder The Who ...

ja, genau - so einen Sound halt. Ich war damals begeisterter Dixieland Banjo-Spieler und bin dann bei jeder Gelegenheit nach London gefahren und habe im 100 Club in der Oxford Street Banjo gespielt - das war ein Dixieland-Club. Und jeden Freitag war dort Reggae. Eines Tages komme ich dorthin und da lief dann weder Dixieland noch Reggae sondern ...

... Punk ...

... ja, aber das stand dort eben nicht drauf. Das war Beat. Das Wort Punkrock habe ich dann erst so 1977 gehört - ein Jahr später.

Wie fandest Du denn die ersten Punkbands hier in Deutschland, wenn ich dabei z.B. an solche Bands wie Fehlfarben oder so denke?

Das fand ich gut. Wobei Fehlfarben ja dann schon zur Neuen Deutschen Welle zählten.

... aber vor dem ganzen Markus-Kram ...

... ja, ja klar. Vor der Hubert Kah-Zeit meine ich damit. Aber auch an solche Bands wie Der Moderne Mann erinnere ich mich gern. So was habe ich alles mitbekommen. Münster stand dem damals, als Studentenstadt, auch sehr aufgeschlossen gegenüber. Punk war ja nicht nur in England so ein Studentending. Man brauch sich ja nur die Zentren damaliger Zeit wie Düsseldorf, Hannover oder Berlin ansehen. Die hatten alle Studenten- oder Kunstbackground, nicht nur, aber weitestgehend. Jedenfalls gab es in Münster auch ein paar Gruppen, die aber nicht so bedeutend waren. Es gab auch viele Gastspiele wie z.B. Hans-A-Plast oder Deutsch-Amerikanische-Freundschaft, damals noch zu dritt. Es gab also schon einiges. Teilweise war es für mich fremd, teilweise war ich begeistert. Man konnte die Bands damals auch schwer vergleichen. Manchmal waren es Gitarrenbands wie Hans-A-Plast, manchmal elektronische Bands in Experimentierlaune wie Deutsch-Amerikanische-Freundschaft. Es war aber eben alles irgendwie eine Szene. Selbst solche Bands wie die Ace Cats oder gar unsere Band zählte man dazu. Es war eben eine Fraternisierung aller Bands, die nicht Hippie-Bands waren.

Bestand denn mal bei Dir der Wunsch Rockmusiker zu werden, Gitarre zu spielen?

Ich habe ja eine zeitlang Gitarre bei den Sentimental Pounders gespielt. Aber ich bin bis heute kein begeisterter Gitarrist. Ich wollte halt eher Jazzmusiker oder Rock'n'Roll-Musiker sein.

Du bist auch bekannt für die Vielfalt an Musikinstrumenten, die Du beherrschst. Was kannst Du denn nicht spielen?

Ich bin ganz schlecht bei Blasinstrumenten. Es muss schon Saiten oder Tasten haben, dann bin ich gut. Mit Blasinstrumenten hat es leider, leider nie geklappt. Vielleicht sollte ich das mal irgendwann anfangen, aber wahrscheinlich bin ich schon zu alt dafür.

Hast Du Dir die Instrumente alle selbst beigebracht?

Das Einzige, was ich richtig gelernt habe war Klavier. Den Rest habe ich mir selbst beigebracht. Aber es ist natürlich so, dass das Klavier eine fantastische Grundlage zum Musikmachen ist. Es ist sozusagen der Ursprung der Musik. Alles andere ist Handwerk bis zu einem entsprechenden Grad - irgendwann muss dann schon die Inspiration kommen (lacht). Wenn man jedoch die Musik erst einmal verstanden hat, dann kann man sich z.B. die Akkorde auf einem Banjo selbst zurecht fummeln. Zudem erfährt man bei einem Klavier die Musik auch optisch durch die Tonleitern und Tastenfarben.

Wo wir gerade beim Klavier sind. Bei der ZDF-Show "Unsere Besten" hast Du für Johann Sebastian Bach als den bedeutendsten Komponisten des deutschsprachigen Raumes mit internationaler Bedeutung geworben. Ist er auch Dein Lieblingskomponist?

Eher nicht, aber es war der Einzige, den die ZDF-Zuschauer in die Top Ten gewählt haben. Es ging ja darum, dass wir als Prominente mit den Leuten was anfangen mussten, die das Publikum gewählt hatte. Aber es ist in Ordnung. Wäre es Beethoven oder Mozart geworden, hätte ich mich genauso in die Bresche geschlagen, zumal Bach mit Recht als Vorbild für eine Reihe von Komponisten nach ihm diente. Er ist dann am Ende auf dem sechsten Platz gelandet und ich bin sehr froh, dass nicht die Küblböcks dieser Nation dort gelandet sind.

Wenn wir bei der Klassik bleiben. Welche Lieblingskomponisten gibt es da?

Ich höre gerne Musik aus dem 19. Jahrhundert, aus der impressionistischen Phase wie Debussy oder ich höre gerne auch Jacques Offenbach. Den finde ich ganz großartig. Ist quasi ein Geburtshelfer der Popmusik. Ich höre auch sehr gerne Opern, z.B. von Puccini oder Verdi. Ich höre diese Opernstimmen sehr gerne.

Neben der Arbeit als Musiker hast Du Dich seit neuestem auch im Hörbuchmarkt hervor getan und bereits zwei Hörbücher gelesen. Kommen wir zum aktuellsten: "Die Feuerzangenbowle". Ein sehr schöner Stoff. Der Film z.B. zählt auch zu meinen Lieblingsfilmen.

Dabei musst Du eigentlich das Buch lesen. Das ist ja das Drama. Wenn ich daraus vorlese und die Leute lachen an bestimmten Stellen, dann tun sie das größtenteils nicht, weil sie es gelesen haben, sondern im Film gesehen haben. Dabei ist das Buch so großartig, man muss es wirklich mal lesen. Das war auch ein Grund, warum ich das Hörbuch gemacht habe.

Was ist dabei genau die Faszination an der Geschichte um den Herrn Pfeiffer mit drei "F"?

Zunächst ist es für uns ein Dokument der Kleinstadt in den 20er Jahren. Es ist aber auch ein Abgesang an eine Form der Schule, die es so nicht mehr gibt. Ich gehöre vielleicht noch zur letzten Generation, die die Schule noch in dieser Form erlebt hat. Darüber hinaus ist es auch ein Loblied auf so eine kleine Rebellion, den kleinen Streich, das kleine Glück. Es ist ein sehr menschliches Buch, weil alle Charaktere auch sehr liebevoll dargestellt werden.

Das andere Hörbuch, dass Du gelesen hast ist "Reise um die Erde in 80 Tagen" von Jules Verne ...

... früher hieß es "In 80 Tagen um die Welt". Doch hier handelt es sich um eine wunderbare neue wortwörtliche Übersetzung des Originals.

In dem Buch geht es darum, dass Phineas Fog eine Wette abschließt, die besagt, dass er es schafft mit jedem zur Verfügung stehenden Verkehrsmittel in 80 Tagen den Erdball zu umrunden. In welchem Fortbewegungsmittel würdest Du am liebsten die Welt umrunden? 

Ich gehöre zu den leidenschaftlichen Eisenbahnfahrern. Ich träume auch noch davon mit der Transsibirischen Eisenbahn Sibirien zu erkunden ... 

... oder im Orient-Express ... 

... das wäre natürlich um einiges komfortabler. Der Orient-Express fuhr ja seinerzeit von Paris nach Konstantinopel und dann konnte man ja zeitweilig noch umsteigen auf die Bagdadbahn, die dann weiter nach Bagdad fuhr. Die fährt aber bedingt durch den Krieg nicht mehr. Wobei ich gehört habe, dass es sie wohl bald wieder geben soll. 

Genau. Ich habe irgendwo gelesen, dass sie dabei sind die Gleise, die damals durch die Schlacht der Alliierten mit Rommel, größtenteils zerstört wurden, wieder aufzubauen. 

Das wäre was. Ich würde dann sogar mit dem Auto nach Paris fahren um einmal mit dem Orient Express fahren zu dürfen. 

Kommen wir zum Fernsehen und den immer noch anhaltenden großen Erfolg mit "Zimmer frei?", der Sendung im WDR mit Deiner Kollegin Christine Westermann. Was schätzt Du an Christine Westermann am meisten? 

Ich glaube wir sind die einzige amtierende völlig eifersuchtsfreie Doppelbesetzung im Fernsehen, also von Mann und Frau. Bei vielen der anderen Paare spielt Eifersucht oft eine große Rolle. Bei uns überhaupt nicht und dass liebe ich an Christine. Wir haben uns auch auf Anhieb gut verstanden. Wir kannten uns ja vorher nicht und es hat super geklappt und es klappt immer noch gut. 

Wenn Dir zu Beginn der ersten Staffel von "Zimmer frei?" jemand gesagt hätte, dass diese Sendung mal der Renner im Dritten Programm und einen Grimme-Preis erhalten würde, hättest Du ihm geglaubt? War das Potential der Sendung damals schon erkennbar? 

Nein, das hätte ich überhaupt nicht gedacht. 1996 haben wir diese Probestaffel gemacht, wo es nur darum ging den Sommer zu überbrücken. An einen längeren Zeitraum hat damals eh keiner geglaubt. Ich hatte auch 1997, wo die Sendung in den normalen Programmablauf rutschte, nicht daran geglaubt. Erst Ende 1997 als die Quoten langsam stiegen bzw. dann 1998, 1998, wo die Sendung dann auch in aller Munde war, wurde mir klar: das kann noch dauern (lacht). 

In der Sendung waren ja mittlerweile fast alle prominenten Deutschen zu Gast. Gibt es da noch Wunschgäste? 

Nein. Ich habe mir das aber mit den Wunschgästen mittlerweile auch abgewöhnt. Gäste, von denen man viel erwartet hatte, haben mich manchmal sehr enttäuscht und umgekehrt; Gäste, von denen man nicht viel erwartet hatte, haben mich positiv überrascht und Gäste, die ich gut kannte, denen habe ich meistens damit keinen Gefallen getan und sie mir auch nicht. Ich bin auch an der Auswahl der Gäste nicht beteiligt. 

Wenn man auf die vielen Folgen zurückblickt. Was für Höhepunkte bzw. Gäste bleiben da hängen? 

Viele. Ich mag da auch gar nicht viele aufzählen, sonst sind die beleidigt, die ich vergessen habe. In allerletzter Zeit hat mich der Schauspieler Felix von Manteuffel sehr angenehm überrascht oder auch seine Frau Leslie Malton, die war letztes Jahr bei uns. Das wären tolle, tolle Gäste. 

Vor kurzem wurde bei euch  der Giftschrank geöffnet und die legendenumrankte Sendung mit Cherno Jobatey wurde ausgestrahlt. Für mich als Zuschauer war die Sendung schwer anzusehen. 

Ja, das glaube ich. So ist die Sendung eben nicht bekannt. "Zimmer frei?" 1999 ist nicht "Zimmer frei?" 2003. Wir waren damals eigentlich mit allen Gästen etwas ruppiger - nicht nur mit Cherno. Nur Cherno war der Erste, der es wirklich nicht zu nehmen wusste. Wir würden heute mit der Situation sicherlich souveräner umgehen. Ich persönlich wäre nicht unfroh gewesen, wenn die Sendung im Giftschrank geblieben wäre. 

Neben dem Fernsehen hast Du auch in einigen Filmen mitgespielt? 

Ich will das mal eher als Versuch beschreiben. Das war in absolut unbedeutenden Produktionen wie "Das Haus auf dem Hügel" oder "Zwischen Tag und Traum". Ab und zu macht man mal so was. Ein kleinere Rolle habe ich dann bei dem etwas bekannteren "Der Verleger" gespielt. Eine Hauptrolle hatte ich in dem Film "Alles wegen Robert DeNiro" mit Angelika Milster und meiner Band. Es ist eben mehr Nebenbeschäftigung. Es macht Spaß, aber ich selber schenke meinem Einsatz als Schauspieler nicht so viel Beachtung. 

Kommen wir zu die ärzte. Die erste Zusammenarbeit kam, denke ich, mit dem Stück "Punk ist..." zustande? Was ist für Dich das Faszinierende an die ärzte. Wie siehst Du ihren musikalischen Einfluss? 

Ich habe Respekt vor jedem, der seine Position sehr lange behauptet. die ärzte habe ich, glaube ich, das erste Mal auf einer Party von den bereits erwähnten Ace Cats in so einem Kleingartencenter gesehen. Das war 1983 oder so. Wenn ich die heutigen Platten der die ärzte höre, dann finde ich es unfassbar, dass eine Band sich so entwickeln kann mit einem solchen Riesen Output an Qualität; da schließe ich auch Farin's Soloalbum mit ein. Das ist alles so phänomenal und so vieles, das bleibt. Nicht alles, aber vieles wird bleiben - viele großartige Zeilen, die ich ihnen verdanke aber auch viel Kokolores, mit dem ich überhaupt nichts anfangen kann. Doch ich bewundere eben Originalität und da gibt es gerade auf den letzten Platten, viel von dem ich sagen kann: "Das ist ganz großes Tennis!". Rod tut ihnen da sicherlich auch sehr gut. Was immer das auch ist, was diese drei Persönlichkeiten verbindet und so einigartig macht - es ist etwas, dass sie mit kleinen Kerzen feiern und zu wem auch immer danken sollten. Es ist für mich die Rockband in Deutschland, die überhaupt noch von Relevanz ist. Alles andere ist für mich Pur oder wie das gerade heißt. Jetzt stoße ich bestimmt viele Bands vor den Kopf, die ich gar nicht kenne, doch das kommt so aus meiner inneren Wahrnehmung heraus. Was ich an ihnen auch sehr schätze, ist dieses sich selbst auf die Schippe nehmen. 

Dein Bandmitglied Markus Paßlick hat ja auf den letzten Platten die Percussion-Parts beigesteuert und hat auch auf dem denkwürdigen Unplugged-Konzert an den Congas usw. gesessen. Hast Du es gesehen? 

Ja, klar. Es ist eine ganz klassische Idee, die in der Form eigentlich auch nur mit der Band funktionieren kann. Diese Skiffle-Nummer (Anm. "Kopfhaut") fand ich als alter Skiffle-Fan schon sehr großartig und auch diese ganzen Anspielungen wie "The Rod" in Anlehnung an "The Who". Diese sich bewusste Bewegen in der Rockgeschichte. Es ist ja im Grunde nicht so verschieden, wie die Art, in der ich mich in der Schlagergeschichte bewege. Wir arbeiten alle im Grunde wie Arno Schmidt. Wir arbeiten mit Zitaten, die wir immer versuchen in einen neuen Kontext zu stellen. Zu dem Auftritt kann man nur sagen: "Hut ab!". 

Ein Mann, den Du auch auf Deiner aktuellen Platte mit zwei Stücken die Ehre erweist ist Heinz Erhardt. Was ist für Dich das Besondere an ihm? 

Zunächst haben wir viel gemeinsam. Wir haben beide eine Ausbildung als Pianist und dann ist Heinz Erhardt eine völlige eigenständige Humorerscheinung. Seine Lieder kann man nur so singen, in dem man möglichst versucht, nicht so zu singen wie er. Ich finde ihn auch als Schauspieler großartig. Jemand, der schon Filme mit ihm gesehen hat, der weiß, was für ein fantastischer Schauspieler er war. Dazu bin ich auch seiner Familie freundschaftlich verbunden, was mir sehr wichtig ist. 

Die Tage hat einer der populärsten Moderatoren seine bevorstehende Kreativitätspause verkündet - Harald Schmidt. Du warst selber oft bei ihm zu Gast. Was ist das Einzigartige an ihm, dem jetzt nachgetrauert wird? 

Eigenständigkeit, Mut, Unabhängigkeit, Niemandes Freund sein und die Gewissheit, dass wir ihn schneller wieder sehen, als alle glauben. Ich bin sicher, dass die "Harald Schmidt Show" noch im Laufe des kommenden Jahres wieder auf Sendung gehen wird. 

Dein Wort in Gottes Ohr. Wenn Dir von einer Universität angeboten würde zu dozieren, über welches Thema würdest Du referieren? 

Das wüsste ich auch gerne. Ich finde diese Rock/Pop-Geschichtslehrgänge so schrecklich. Vielleicht würde ich mich da tummeln. Vielleicht würde ich mich aber auch mit der klassischen Operette beschäftigen. 

Was würdest Du vielleicht dabei jungen Musikern mit auf den Weg geben wollen? 

Hört nicht nur die Musik, weswegen ihr zur Musik gekommen seid. Hört euch ein bisschen was anderes an. Ihr müsst es ja nicht mögen. In jeder Musikrichtung gibt es einen, der einem was zu sagen hat. Erst spät habe ich das kapiert. Ich bin da auch offener, als ich es mir selbst eingestehe. Manchmal kann ich es dann aber auch nicht mehr ertragen und mache den Laden ganz zu. 

Gibt es Musikrichtungen mit denen Du gar nichts anfangen kannst? 

Posenrock und Chris de Burgh-Rock. Über so was wie die Flippers kann ich wenigstens noch lachen aber dieser posierende Rocker, dass ich etwas was ich überhaupt nicht leiden kann. 

Götz, vielen Dank für das Gespräch! 

Kaufbefehle: 

Heinrich Spoerl "Die Feuerzangenbowle" (Buch)
Jules Verne "Reise um die Erde in 80 Tagen" (Buch, Fischer) 

© Stefan Üblacker